Ein Wort des Pfarrers

Gedanken zum Glockengeläute in Bad Zurzach und anderswo

Es ist – nicht nur in Bad Zurzach – ungewöhnlich ruhig in diesen Tagen. Aufgrund der Massnahmen des Bundes zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ist das öffentliche Leben auch in unserer Region weitgehend zum Stillstand gekommen. Weniger Autos sind auf den Strassen unterwegs und weniger Fussgängerinnen und Fussgänger auf den Trottoirs. Am Himmel sind nur noch einzelne Flugzeuge zu sehen und zu hören.

Dabei wird die Stille, die sich immer mehr ausbreitet, von vielen Menschen als bedrückend empfunden. Geräusche, die sonst ganz selbstverständlich zu unserem Alltag gehören, sind auf einmal gedämpft oder sogar verstummt.

Zumindest für die Kirchenglocken wird das jedoch nicht gelten. Von den meisten Kirchtürmen werden sie auch weiterhin erklingen. Zwar mussten im Rahmen der Corona-Krise bis auf weiteres sämtliche Gottesdienste und kirchlichen Feiern abgesagt werden. Doch der Glockenklang wird auch in Zukunft zu hören sein – und dabei seine eigene Botschaft verbreiten.

Das sonntägliche Glockenläuten sei „ein wichtiges Zeichen für Solidarität und gemeinsames Gebet“, so schreibt zum Beispiel die Reformierte Landeskirche Aargau in ihren „Informationen und Verhaltensempfehlungen für die Aargauer Kirchgemeinden“ von Anfang letzter Woche.

In diesem Sinne werden zum Beispiel auch die vier Glocken der reformierten Kirche in Bad Zurzach am kommenden Sonntag und an den folgenden Sonntagen ihren Dienst tun. Selbst wenn natürlich auch in unserer Kirche vorerst keine Gottesdienste werden stattfinden können.

Dabei haben zumindest zwei unserer Glocken eine besondere Botschaft zu verkünden. Denn sie tragen jeweils einen Bibelspruch aus dem 100. Psalm. Auf der einen, der grössten Glocke, steht das Wort: „Jauchzet dem Herrn, alle Welt! Dienet dem Herrn mit Freuden!“ Auf der zweiten heisst es: „Denn der Herr ist gütig, ewig währet seine Gnade!“

Vor allem das zweite Wort scheint mir in diesen Tagen besonders tröstlich zu sein: Trotz aller Erschütterungen, die wir momentan erleben und die manches ins Wanken bringen: Gottes Güte bleibt. Auf seine Gnade und seine Treue ist Verlass, gerade auch in schwierigen Zeiten.

In den vergangenen Jahren haben sich zwar vielerorts Menschen über den „Lärm“ der Kirchenglocken beklagt. Kirchliche Behörden sahen sich gezwungen, den Glockenklang zumindest teilweise zum Verstummen zu bringen. Wer weiss: Vielleicht werden manche Menschen den Klang der Glocken in den nächsten Wochen wieder vermehrt zu schätzen wissen. Weil er auch in schwierigen Zeiten hörbar bleibt und uns damit an die Verlässlichkeit Gottes erinnert. An zentrale christliche Werte wie Glauben, Hoffnung und Liebe. Oder, was gerade jetzt besonders wichtig ist: an unsere Verantwortung vor Gott und für unsere Mitmenschen, deren Gesundheit und Wohlergehen wir durch unser verantwortungsvolles und rücksichtsvolles Handeln schützen können. In Bad Zurzach und anderswo.

 

Mit herzlichem Gruss aus dem Pfarrhaus und besten Segenswünschen

 

Michael Dietliker